Schlichtung

Zum Schlichtungsverfahren

Anfangs 2011 wurde die schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) wirksam.
Nach Massgabe von Art. 197 ff. ZPO geht dem Entscheidverfahren ein Schlichtungsverfahren voraus (ausgenommen summarisches Verfahren, Scheidungsverfahren, Klagen nach SchKG; vgl. ZPO Art. 198). Das Zivilgericht Basel- Stadt führt darum seit 2011 für die in seine Zuständigkeit fallenden Verfahren eine Schlichtungsbehörde.

Für Mietstreitigkeiten und für Streitigkeiten nach Gleichstellungsgesetz gibt es spezielle Schlichtungsstellen:

Zur Website der Staatlichen Schlichtungsstelle für Mietstreitigkeiten

Zur Website der Schlichtungsstelle für Diskriminierungsfragen

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Grundsatz: Schlichtungsverfahren

Bevor die Parteien das Gericht anrufen, findet ein Schlichtungsverfahren statt. Sinn des Schlichtungsverfahrens ist es, die Parteien zu versöhnen. Das Schlichtungsverfahren ist grundsätzlich obligatorisch. Es findet insbesondere Anwendung bei Forderungsstreitigkeiten, arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, Persönlichkeitsverletzungen, Nachbarschaftsstreitigkeiten, Erbstreitigkeiten.

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Ausnahmen

In folgenden Fällen wird kein Schlichtungsverfahren durchgeführt, sondern die Klage ist direkt beim Gericht einzureichen:

  • im summarischen Verfahren (z.B. Ausweisungsbegehren im Verfahren um Rechtsschutz in klaren Fällen, vorsorgliche Massnahmen)
  • im Scheidungsverfahren/im Verfahren zur Auflösung der eingetragenen Partnerschaft
  • bei Klagen über den Personenstand
  • bei bestimmten Klagen gemäss Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Aberkennungsklage, Feststellungsklage, Widerspruchsklage, Anschlussklage, Aussonderungs- und Admassierungsklage, Kollokationsklage, Klage auf Feststellung neuen Vermögens, Klage auf Rückschaffung von Retentionsgegenständen)
  • bei Streitigkeiten, für die eine einzige kantonale Instanz zuständig ist
  • bei der Hauptintervention, der Widerklage und der Streitverkündungsklage
  • wenn das Gericht Frist für eine Klage gesetzt hat

Liegt eine vermögensrechtliche Streitigkeit vor, deren Streitwert mindestens CHF 100'000.- beträgt, können die Parteien gemeinsam auf das Schlichtungsverfahren verzichten.

Ein einseitiger Verzicht der klagenden Partei (d.h. ohne Zustimmung der beklagten Partei) auf das Schlichtungsverfahren ist möglich, wenn die beklagte Partei Sitz oder Wohnsitz im Ausland hat, der Aufenthaltsort der beklagten Partei unbekannt ist und bei Streitigkeiten nach dem Gleichstellungsgesetz.

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Ablauf des Schlichtungsverfahrens

Das Schlichtungsgesuch kann schriftlich eingereicht oder am Kanzleischalter (Bäumleingasse 5, Büro Nr. 60) mündlich erklärt werden. Formulare stehen zur Verfügung. Das Schlichtungsgesuch muss mindestens die Parteien, das Rechtsbegehren und den Streitgegenstand bezeichnen.

Die Schlichtungsbehörde stellt das Schlichtungsgesuch unverzüglich der Gegenseite zu und lädt die Parteien zur Schlichtungsverhandlung.

Grundsätzlich müssen die Parteien persönlich zur Schlichtungsverhandlung erscheinen. Für natürliche Personen, die nicht prozessfähig sind, handeln die gesetzlichen Vertreter. Bei juristischen Personen ist die Anwesenheit einer zeichnungsberechtigten Person erforderlich. Die Parteien können sich von einem Rechtsbeistand oder einer Vertrauensperson begleiten lassen.

Die Schlichterin bzw. der Schlichter versucht, zwischen den Parteien eine Einigung zu erzielen. Die Schlichtungsverhandlung ist daher weitgehend formlos.

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Ausgang des Schlichtungsverfahrens

Vergleich, Rückzug, Anerkennung

Das Schlichtungsverfahren endet, wenn die Parteien eine Einigung erzielen. Die Einigung kann darin bestehen, dass die beklagte Partei den Anspruch der klagenden Partei anerkennt (Klageanerkennung), die klagende Partei die Klage zurückzieht (Klagerückzug) oder beide Parteien einen Vergleich abschliessen.

Kommt keine Einigung zustande, gibt es drei Möglichkeiten:

Klagebewilligung

Die Schlichtungsbehörde stellt der klagenden Partei eine Klagebewilligung aus. Die Bewilligung ermächtigt die klagende Partei, die Klage bei Gericht einzureichen. Die Klagebewilligung ist ab Eröffnung während drei Monaten gültig.

Unterbreiten eines Urteilsvorschlages

Bis zu einem Streitwert von CHF 5'000.- kann die Schlichtungsbehörde den Parteien einen Urteilsvorschlag unterbreiten. Er gilt als angenommen und hat die Wirkungen eines rechtskräftigen Entscheids, wenn ihn keine Partei innert 20 Tagen seit der schriftlichen Eröffnung ablehnt. Bei Ablehnung fällt der Urteilsvorschlag dahin. Nach Eingang der Ablehnung des Urteilsvorschlags erteilt die Schlichtungsbehörde die Klagebewilligung, welche der klagenden Partei zugestellt wird.

Entscheid

In vermögensrechtlichen Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von CHF 2'000.- kann die Schlichtungsbehörde einen Entscheid fällen, sofern die klagende Partei einen entsprechenden Antrag stellt. Das Verfahren ist mündlich.

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Kosten

Die Gebühren werden gemäss dem Reglement über die Gerichtsgebühren festgesetzt und betragen zwischen CHF 100.- und maximal 30% der Gebühr für ein Gerichtsverfahren. Es werden grundsätzlich keine Parteientschädigungen zugesprochen. Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist möglich.

Das Schlichtungsverfahren in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bis CHF 30'000.- ist kostenlos.

Weitere Informationen zu Prozesskosten

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Fristen

Für das Schlichtungsverfahren gelten keine Gerichtsferien und es gibt keinen Stillstand der Fristen.

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